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Van, Zweisamkeit und ein Auto warten…

Der Morgen im Kaçkar-Gebirge begann seeehr früh, weil eine lange Busfahrt auf mich wartete. Im Dunklen starteten wir vom Basislager, um rechtzeitig den Bus in Yaylalar zu bekommen. Von dort ging es auf der bekannt holprigen Straße zurück nach Yusufeli, wo mein großer Rucksack stand. Mit einem weiteren Bus-Ticket in der Tasche wartete ich 30min auf den Bus zurück nach Erzurum, um dort angekommen, direkt in den Fernreisebus nach Van gesteckt zu werden – 7h Fahrt für die 500km. Ich war sehr guter Dinge, vor Anja in Van anzukommen. 200km vor Van machten wir noch einen Stopp und ich fragte mich immer, warum eigentlich in der heutigen Zeit der Motor von Bussen selbst bei 15-minütiger Pause laufen muss. Die Antwort bekam ich sofort. Ein Motor springt auch bei modernsten Bussen nicht immer an. In brütender Hitze schauten rund 30 Männer in den aufgeklappten Motorraum. Als dann nach 40min ein Mechaniker mit seinem Werkzeug vorbei kam, kurz irgendwas rumfummelte und den Motor starten ließ, sprangen alle schwitzenden Wartenden in den Bus und weiter ging es zur letzten Etappe nach Van. 19 Uhr kam ich dann im Hotel an, legte kurz meine Sachen ab und konnte mich schon mit freudigem Blick vor das Hotel stellen, um auf 2 blaue Augen zu warten. Sehr pünktlich und mit dem gesamten Gepäck wurde Anja vom Flughafen von einem sehr hilfsbereiten Türken am Hotel abgesetzt. Welche Freude… Nun konnte die Reise wie geplant beginnen.

Im Hotel trafen wir noch einen Italo-Deutschen, der das gleiche Glück wie ich hatte und auf sein Gepäck wartete, welches das falsche Flugzeug genommen hatte. Gut für uns, denn wir erfuhren, dass er zu seiner Freundin nach Teheran wollte, wo er in Kürze eine Pizzeria eröffnen will. Sehr viele nützliche Tipps gab er uns und er wird unser erster Ansprechpartner für den Iran sein. Wir tauschten unsere Kontakte. Kurz danach sagte er uns auch schon, dass sich seine iranische Freundin sehr über unseren Besuch freuen würde und bereits Pläne geschmiedet seien, wenn wir vor Ort sind. Hach, welche Freude, denn er machte uns den Iran sehr schmackhaft…

Am Folgetag holten wir unser Auto ab, das wir für die nächsten 6 Tage gemietet hatten. Weil die Zeit doch etwas anders läuft und wir noch genug Iran-Gespräche führten, sollte uns die Abendsonne für die traumhafte Landschaft südlich von Van Richtung irakische Grenze dienen. Keine Sorge, Hakkâri war noch weit entfernt und zur Grenze waren es noch diverse sichere Kilometer. Die weiten Weide- und Anbauflächen auf dem Weg nach Çavuştepe und Hoşap boten tolle Augenblicke, besonders den Objektiven unserer Kameras. In der Nähe der sehr schönen alten Burgen sollte dann unser erster Zeltplatz sein…

Mit warmen Sonnenstrahlen im Gesicht erwachten wir in einen neuen Tag. Nach einem leckeren Frühstück am Zelt packten wir unsere Sachen zusammen und planten den Tag südlich des Van-Sees. Über Gürpınar ging es Richtung Bahçesaray. Wir wussten nicht, ob und wie wir diese Strecke unserem Ford Fiesta zumuten könnten, denn unser Reiseführer aus dem Jahr 2008 fordete einen Allradwagen für diese Strecke. Es sollte über hohe Pässe und durch tiefe Täler gehen und die Straße klang nach einer unbefestigter Holperpiste. Vorbei an wuchtigen Felsen, hohen beeindruckenden Gipfeln und durch eine extrem karge Gegend zeigte sich ein ganz anderes Bild. Neue breite Straßen wurden durch die kurdischen Gebiete gezimmert und immer wieder fuhr man durch Baustellen, die eine Staubwolke sondergleichen hinter unserem Auto hinterließen. Sagte ich, dass es sehr trocken war? Ja, seeehr trocken! Total abgeschiedene Dörfchen und eine romantisch anmutende Nomaden-Siedlung unterhalb eines umwerfenden Pass luden zum Verweilen ein.

Landschaftlich wurde es immer riesiger. Die gigantischen Felsformationen und die tief eingeschnittenen Täler verursachten Probleme bei der Konversation im Auto. Hatten wir die ganzen Worte bereits in der Superlative verwendet? Wie konnten wir uns im Ausdruck noch steigern? Ich schieb einfach die Bilder nach…

Unser grobes Ziel war Tatvan. Dort angekommen erspähten wir eine Grünfläche in unserem GPS, mit dem wir versuchten, einen geeigneten Zeltplatz zu finden, da es bereits dämmerte. Dort sah es aus wie die Party-Umgebung und Abendtreffpunkte für die Anwohner aus Tatvan, wenn man nach dem Müllaufkommen urteilen sollte. Wir parkten das Auto auf einem kleinen Hang mit toller Aussicht auf die Stadt und den Van-See. Nach einer genauen Inspektion des Zeltplatzes wollte ich das Auto besser parken und hörte nur Summen hinter dem Steuer und flüchtete gleich wieder aus dem Auto. Bienen!!! So unsinnig wäre es gar nicht gewesen, da wir bereits viele Imker-Siedlungen gesehen hatten, doch bei genauerer Betrachtung sahen wir, dass es bestimmt 10 Bremsen waren. Okay, damit konnten wir leben und verscheuchten sie aus dem Auto. Mit Stirnlampen und Messer bewaffnet räumten wir ein paar Plastik-Objekte und die fiesen Disteln beiseite, die unserem Zelt oder den Isomatten gefährlich werden konnten und begannen mit Kochen. Außer Grillen war in der Umgebung nichts zu hören. Idylle pur. Kurz darauf, mitten im Kochvorgang, bekamen wir noch Besuch! Ich meinte zu Anja, sie solle doch mal das Zelt verlassen und herauskommen. Dann zeigte ich ihr den Grund. Ein großer Käfer, wie ich zuerst dachte, der zielstrebig auf unser Zelt zusteuerte. Doch dann zählte ich die Beine und sah, dass es Acht waren plus zwei riesige Kiefertaster am Kopf! Ich zitiere mal von wikipedia (Achtung: nur für Tierliebhaber zu lesen und hinter dem Link befindet sich auch ein Bild dieses Getiers):

Walzenspinnen ernähren sich insbesondere von Insekten, Webspinnen, Skorpionen, anderen Walzenspinnen und sogar von kleinen Reptilien. Sie suchen aktiv nach Beute, die durch die Pedipalpen festgehalten und durch die schweren Cheliceren aktiv zerkleinert wird. Die Nahrung wird außerhalb des Körpers vorverdaut und gelangt anschließend breiig in den Verdauungstrakt. Giftdrüsen fehlen diesen Tieren. Bei Gefahr drohen die Walzenspinnen dem potentiellen Angreifer mit den Cheliceren, wobei einige Arten auch durch das Aneinanderreiben der Zangen stridulieren können. Die Cheliceren zählen, in Relation zur Körpergröße, zu den stärksten Beißwerkzeugen im Tierreich. Sie können Gestein bearbeiten und in zähen Kadavern sowie an Säugetieren tiefe Fleischwunden reißen. Ihr Biss ist für den Menschen sehr schmerzhaft und kann große Schwellungen durch Infektionen hervorrufen.

Zuerst wollte ich Anja noch beruhigen und sagte ihr, dass es im Zelt total sicher wäre, aber nach dieser Beschreibung in wiki war das definitiv ein Grund, alles zusammen zu räumen und sofort die Gegend zu verlassen! Ich bin kein Spinnenliebhaber und Anja erst recht nicht, aber die war echt fies anzuschauen und bestimmt 12-15cm groß.

In Tatvan fanden wir dann nach einigen Anläufen ein Hotel und waren sehr froh, feste Wände um uns zu haben… Puh!

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Es gibt 2 Kommentare

  1. Regina

    Das war bisher eine recht interessante Reise, die wir gern verfolgen werden. Die Gegend ist ja toll, weitläufig und hoffentlich läuft alles nach Plan und ohne weitere ‚Monster‘! Viel Glück wünschen wir den beiden Neugierigen …

  2. Steffen R.

    fantastisch… aber etwas mehr unerschrockenheit kleinen tieren gegenüber hätte ich euch zugetraut. naja, villeicht ists besser so… wir wünschen euch viel spass und verfolgen neidisch euren blog… wir haben noch 2,5 wochen, dann ists bei uns
    vorbei mit der schönen zeit… 🙂


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